In den letzten Jahren sind sie aus keinem Restaurant mehr wegzudenken ~ die Grappe (Mehrzahl von
Grappa). Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Grappa zum Edelprodukt, beziehungsweise zur
Nationalspirituose stilisiert. Eigentlich handelt es sich dabei um eine Resteverwertung.
Nach dem Pressen der Trauben zur Weinverarbeitung werden die Rückstände gebrannt. Das bedarf ganz
besonderer Sorgfalt, weil die Treber leicht anbrennen, da sie nur wenig Feuchtigkeit besitzen.
Daher werden diese Trester in der Brennblase teilweise in ein Sieb gefüllt, wenn es sich um ein
direktbefeuertes Destilliergerät handelt. Bei einem anderen Verfahren wird das Destilliergerät indirekt mit
Wasserdampf beheizt. Die Kunst des Brenners besteht dann darin, das "Herzstück" auszuwählen. Er
muss sorgfältig die ungeniessbaren Anteile, den Vor- und Nachlauf abscheiden, damit
Fuselöle und andere Stoffe eliminiert werden.
Es gibt zwei Kategorien von Tresterschnäpsen: klare und dunkle.
Letztere reifen im Eichenholzfass, genau wie gute Weinbrände. Grappe werden meist hell angeboten,
oftmals auch mit der Bezeichnung der Rebsorte versehen. Zu den rarsten und teuersten Grappe zählt der
Grappa di Piccolit, aus der gleichnamigen friulianischen Rebsorte.
Die Rebe bringt nur wenige und kleine süsse Beeren hervor, die auch für Süssweine sehr beliebt sind.
Wenn Sie auf einer Grappaflasche auf die Bezeichnung "Riserva" oder "Stravecchia" stossen, handelt es
sich um ein Destillat, welches mindestens ein Jahr gelagert wurde, davon sechs Monate im Holzfass.
Die klaren Destillate werden in Eschenholzfässern gelagert, welche keine Farbe an den Brand abgeben.
In Italien erfreuen sich auch die aromatisierten Grappe ganz besondere Beliebtheit. Dabei werden die
Grappe mit Kräutern oder mit Früchten auf die Flasche gefüllt. Bei letzterem wird kein Zucker zugesetzt,
so dass es sich nicht um einen Likör handelt.
Eine Besonderheit ist der "Aquavite" bei dem es sich um einen Brand aus ganzen Trauben handelt.
Im Gegensatz zu den Weinbränden werden die Trester nicht in Schwenkern, sondern in schlanken
Digestifgläsern serviert. Die klaren Brände lassen sich auch hervorragend etwas kühler geniessen, das
heisst bei 10-14 oC. Braune Brände sollten bei 18 oC serviert
werden. Wenn die Digestifs zu warm werden, tritt der Alkohol zu sehr in den Vordergrund, und sie wirken
spritig.
Durch den grossen Grappaboom sind die "Marcs" (das c wird nicht ausgesprochen) aus Frankreich in den
letzten Jahren etwas ins Hintertreffen geraten. Dabei handelt es sich bei den Marcs durchweg um eine sehr
hohe Qualität. In Frankreich ist es üblich, dass der Staat die Treber einsammelt, und sie zu
Industriealkohol verbrennt.
Der daraus gewonnene Sprit dient als Beitrag zur Bezahlung der Weinsteuer.
Berühmt sind vor allem der "Marc de Champagne" und "Marc de Bourgogne". Beide werden im
Eichenholzfass gereift, wodurch sie eine dunkle Farbe annehmen und weich und rund im Geschmack
werden. Der "Marc de Gewürztraminer" hingegen wird meistens klar angeboten und stammt meist aus dem
Elsass. Im Duft ist er sehr aromatisch und spiegelt bei guter Qualität die Rebsorte wieder.
Auch in Deutschland werden die Tresterschnäpse immer populärer. Zu den ersten Topqualitäten gehörte vor
einigen Jahren schon der Ruländertrester vom Franz Keller in Oberbergen.
Was zeichnet nun ein guter Tresterschnaps aus? Viele möchten einen Ratzeputz, der ordentlich beim
Verdauen hilft. Für mich bestimmt sich eine gute Qualität dadurch, dass der Brand sauber und mild im
Geschmack ist und nicht kratzt.