_Sangria kontra Wein_ Mallorca ist eine Insel - keine allzu grosse zudem: gerade mal 3.500
km² gross. Und nur 2000 Ha sind unter Reben. Aber: Mallorca hat 550
Kilometer Küste und gut 10 Millionen Besucher im Jahr. Die Trinkkultur der Insel wird eher mit Sangria in
Eimern in Verbindung gebracht als mit wirklich guten Weinen, aber der Imagewandel, den Mallorca erlebt,
der hat auch den Weinbau erfasst und so etwas wie ein kleines Weinwunder ausgelöst.
_Geschichte_ Mallorcas Weinbau hat eine bewegte Geschichte hinter sich:
eingeführt von den Römern musste die Weinbereitung unter der islamischen Herrschaft (ca. 900-1230 n.
Chr.) eingestellt werden. Die
Weinberge überlebten diese Zeit, weil die Mauren die Trauben als Obst schätzten. Bis ins 19. Jahrhundert
war Mallorca dann - ähnlich
wie Madeira oder auch die Kanaren - für seine süssen
Malvasier-Weine berühmt. Es erlebte einen ungeheuren Boom, als die
Reblaus die Weinberge in Frankreich vernichtete und ganz Europa nach Wein verlangte. Die Rebfläche
wuchs auf rekordverdächtige 30.000 Ha an. Doch die Insellage konnte die Reblaus schliesslich auch nicht
abhalten. Sie sorgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts - 30 Jahre nach
der Invasion in Frankreich - auch für ein Ende der Weinbaukultur auf
Mallorca - und der Neuanfang war schwierig. Der Niedergang der
Landwirtschaft allgemein auf der Insel erfasste auch den Weinbau. Es gab und gibt genug Wein, Obst und
andere Produkte, die billig vom spanischen Festland herübergebracht werden können. Die EU hat sogar die
Rodung grosser Rebflächen auf der Insel gefördert. Erst Ende der 80er Jahre haben sozusagen die letzten
der mallorquinischen Winzer (es gibt gerade noch 240) entdeckt, dass sie nur eine Überlebenschance
haben: Spezialitäten in hoher Qualität und
beschränkten Mengen herzustellen.
_Sorten_ Die roten Reben Mallorcas sind heute die rote Mantonegro und Callet.
Daneben gibt es internationale (Cabernet Sauvigon) und spanische (Tempranillo) Reben. Der Zug der Zeit
hin zu "autochthonen", also ursprünglichen Sorten, fördert den Aufschwung des mallorquinischen Anbaus.
Die Gäste wollen eher etwas Typisches, als noch einen anderen- und im Zweifel schlechteren - Cabernet.
Weisswein macht nur
rund 20% der Fläche aus. Neben den spanischen Parellada und Macabeo sowie dem allgegenwärtigen
Chardonnay gibt es die einheimische weisse Moll-Traube.
_Weine_ Ein paar Mallorquiner, die mehr oder minder mit Wein zu tun hatten, haben den neuen Boom
ausgelöst. Z. B. mit dem Anima Negra, einem Wein überwiegend aus Callet. Das war der erste seriöse
"Gesprächsstoff" für Wein-Fans auf Mallorca. Mittlerweile gibt es einen Zweitwein,
den AN/2. Und jede Menge andere Gewächse, die durch Qualität auf sich aufmerksam machen. Sie sind
jedoch jeweils sehr individuell und sehr verschieden in ihrem Stil. Das erklärt auch, warum viele dieser
Weine als Tafelweine daherkommen und nicht unter der Flagge einer der beiden Qualitäts-Zonen DO
Binissalem und DO Pla i Llevant segeln:
die Winzer wollen sich keinen Beschränkungen unterwerfen und experimentieren gerne. Ihre Produkte sind
in vielen Fällen allerdings in eher homöopathischen Dose zu haben.
_Weinsuche auf Mallorca_ Es ist schwierig, die Weingüter auf der Insel direkt zu besuchen. In der Regel
sind sie schlecht ausgeschildert, selten geöffnet und die Winzer sprechen nur Spanisch. Es gibt in
jüngster Zeit allerdings in allen grösseren Orten Fachgeschäfte/Vinotheken, die hochwertige Weine
anbieten und selbst in den Supermärkten finden sich immer mehr Eigengewächse von der Insel. Tests
mallorquinischer Weine finden sich in "Alles über Wein" - Ausgabe 1/2003 und "Feinschmecker" -
Ausgabe 9/2002.
_Wein und Kunst_ Die Insel hat eine lebendige Künstlerszene und auffällig viele Künstleretiketten.
Mallorquinischer Wein hat was von einem Gesamtkunstwerk.