Alte Techniken... Grünkern wurde einst aus der Not heraus geboren.
Um in verregneten Sommern das noch unreife Getreide vor dem Verfaulen zu bewahren, trocknete man es
in Back-öfen oder über einem
Holzfeuer. Nichts anderes ist das sogenannte Darren, und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Handdarren, wie sie heute noch in Betrieb sind, gibt es seit etwa 150 Jahren. Sie werden nur noch von
ganz wenigen Bauern benutzt. Alte Handdarren haben Ähnlichkeit mit einer Gartenlaube. Sie sind oft in den
Hang gebaut und haben zwei Ebenen. Im unteren gemauerten Fundament befindet sich die Feuerstelle,
darüber liegt der Raum mit der Pfanne, die aus perforiertem Eisenblech besteht. Ihre Abmessung beträgt
etwa zwei mal vier Meter. Sie ruht auf einem gemauerten Sockel in der Mitte des Raumes und faßt etwa
150 kg Darrgut. Direkt darunter brennt ein offenes Holzfeuet; das durch ein Feuerloch in der
hangabgewandten Seite des Fundamentes geschürt wird. Der Rauch und die Hitze des Feuers strömen
durch die Löcher der Pfanne. Damit der Rauch rundherum abziehen kann, ist das Dach auf Holzpfosten
und Gitterstäben gebaut. Der frisch geerntete Dinkel kommt mit den Spelzen auf die Pfanne und muß nun
etwa drei bis vier Stunden lang ständig gewendet werden. Die Schaufeln, die man dazu benutzt, haben
Ähnlichkeit mit einem Schneeschieber. Meist sind es alte Familienerbstücke mit langer Tradition. Auch das
Feuerschüren ist eine richtige Kunst, da die Temperatur stets zwischen 120C und 150C liegen muß. Bei
dieser Hitze verlieren die unreifen Körner an Feuchtigkeit, und das Eiweiß verkleistert; das Korn wird glasig
und hart. Die Spelzen bewahren die Dinkelkörner auf der Darre vor dem Abbrennen. Trotz der hohen
Temperatur kann man jederzeit in das Darrgut hineingreifen. Die Vesen fühlen sich angenehm warm an. Für
die Qualität des Grünkerns ist es wichtig, daß nur Hartholz, d.h.
Eichen-, Buchen- oder Obstbaumholz verfeuert wird. Gegen Ende der
Darrzeit wird mit der Hand geprüft, ob die Spelzen »Stechen«. Auch eine Geschmacksprobe hilft
festzustellen, ob der Grünkern gar ist.
Er kommt dann von der Darre, muß auskühlen und wird anschließend -
wie der Dinkel durch eine Gerbmühle und durch Reinigungsanlagen geschickt. Fertiger Grünkern hat etwa
ein Drittel seines ursprünglichen Gewichts verloren. Der Wassergehalt ist während des Darrens von
ungefähr 50 auf 15 % gesunken. Nun sind die Körner lagerfähig und verderben nicht mehr. Vor etwa 30
Jahren begann man, sich Gedanken über die mechanische Grünkernerzeu-gung zu machen.
Inzwischen gibt es eine Vielzahl maschineller Grünkerndarren unterschiedlichster Bauart. Vom Prinzip her
lassen sich moderne Geräte in Fla-ch- und Hochbehälter einteilen. Die folgenden stark
vereinfachten Schemazeichnungen veranschaulichen die unterschiedliche Arbeitsweise dieser
Anlagentypen. Die jeweiligen Hersteller haben die technischen Probleme im Detail auf unter-
schiedliche Art und Weise gelöst. In den Flachbehältern wird das Darrgut durch ein Rührwerk in einer
Wanne von einem Ende zum anderen befördert. Der Boden der Wanne ist perforiert, so daß ein Gebläse
erhitzte Luft durch das Getreide blasen kann. Am Ende der Wanne gelangt das Darrgut in eine
Transportvorrichtung, die es wieder zum Ausgangspunkt beför-dert. So wird das Getreide - ebenso wie auf
der
Handdarre - ständig bewegt. Bei den siloartigen Hochbehältern
rieselt das Darrgut langsam durch ein ausge-klügelteS System von
Schächten nach unten und wird durch Hebevorrichtungen wie-der nach
oben befördert. Erhitzte Luft wird gleichmäßig im Behälter verteilt.
Beim abgebildeten Modell ist sowohl die Außenwand als auch die Wand der Innen-kammer perforiert, so
daß die Luft hindurchströmen kann.
Das ist nicht bei allen Modellen so gelöst. Die Anlagen fassen, je nach Typ, 8 bis 15 dz und haben de-
mentsprechend eine Trocknungszeit
zwischen drei und acht Stunden. Die ersten automatischen Grünkerndarren wurden direkt mit Öl beheizt.
Da man jedoch bald feststellte, daß der Ölrauch den Grünkern verdarb, kehrte man schließlich wieder zum
traditionellen Hartholzfeuer zurück. In den heute benutzten Darren heizt man mit Holz und führt durch einen
Wärmetau-scher zusätzlich die Wärme einer Ölheizung zu. Es gibt
inzwischen aber auch Großanlagen, die nur mit Holzfeuern betrieben werden. Der Rauch des Holzfeuers
wird für die Geschmacksbildung als unerläßlich betrachtet; die Abgase der Ölheizung dagegen haben in
der Darre nichts zu suchen. in großen Anlagen mit erhöhter Kapazität ist das mühselige Schaufeln an der
Handdarre überflüssig geworden.
Aber immer noch muß der Bauer den richtigen Erntezeitpunkt festlegen, die Temperatur richtig steuern und
durch Fühlen und Schmecken entscheiden, wann der Grünkern »von der Darre muß«. Hier wird die Technik
den Menschen in absehbarer Zeit wohl nicht ersetzen können.
Obwohl die Grünkernerzeugung heute in weiten Teilen mechanisiert ist, wird der Terminplan noch immer
von der Natur vorgegeben, und die Güte des erzeugten Grünkerns hängt noch immer entscheidend von der
jeweiligen Erfahrung des Bauern ab.
:Letzte Änderung: Michael Staib