_Die Siebenbürger Sachsen_ Siebenbürgen, das ist das alte Transsilvanien, im Karpatenknie. Dort
wurden vor über 800 Jahren die ersten Deutschen angesiedelt -
vorwiegend aus der Moselgegend. Sie nannten sich Siebenbürger Sachsen und sprechen einen Dialekt, der
dem Luxemburgischen sehr ähnlich ist.
Sie waren vom ungarischen König gerufen wurden, und hatten verbriefte Rechte auf Freiheit, freies
Eigentum etc. Sie waren freie Bauern. Ihr Gemeinwesen war mittelalterlich durchstrukturiert. Denn als
Inseln in einer fremden Umwelt mussten sie einen starken Zusammenhalt bewahren.
Im Laufe der Türkenangriffe wurden die Kirchen zu wehrhaften Burgen umgebaut. So hatte jede Familie
Räume in der Kirchenburg, alle Pflichten im Dorf waren verteilt. So wurde nach einer Geburt das Essen für
die Familie nach einem strengen Reglement zunächst von der Nachbarin zur Rechten, dann zur Linken etc.
gekocht. Die Wöchnerin hatte die Aussteuer für Ihr Kind als gute siebenbürgische Hausfrau längst in der
Truhe - aber durch diese
Regelung hatte sie eine längere Pause in der Küche. Auch die Nachbarschaftshilfe war in dieser Weise
organisiert. Jedes Dorf hatte seine eigene Schule, der Lehrer war oft Prediger, Kindergärten und Kirche
wurden aus eigenen Mitteln bestritten. Durch den Reformator Honterus waren die Siebenbürger Sachsen
lutherischen Glaubens, was sie zusätzlich von den umgebenden Rumänen und Ungarn abgrenzte.
_Das Kränzchen - eine zentrale "Institution" der Frauen_
Der Zusammenhalt war wichtig und wurde gefördert. Eine zentrale Rolle für die Frauen und Mädchen spielte
das "Kränzchen", und das selbst in der Stadt. Hat das Kaffeekränzchen sonst den klischeebehafteten Ruf
von Eierlikör und Sahnetorten, so muss hier von einer Gruppe gesprochen werden, die füreinander da ist,
und das von der Jugend bis zum Alter. Noch im Internet finden sich in den vielen Seiten der Siebenbürger
Landsmannschaften zahlreiche Kränzchen, die sich zu allen möglichen Themen treffen und organisieren.
Meine Mutter sprach noch oft von ihren Kränzchenfreundinnen. Man traf sich zu einem festen Zeitpunkt mit
immer demselben Kreis zu Kaffee und Kuchen. Kränzchenfreundinnen hielten noch im Alter zusammen -
es war eine Institution der Frauen und wurde respektiert.
Kein Mann hatte Zugang zum Kränzchen, entsprechend wurde es auch am Nachmittag abgehalten.
_Die Tafelfreuden des Kränzchens_ Der Kaffee war in Siebenbürgen durch Türken und Österreicher sehr
weit verbreitet und üblicher als Tee. Er wurde aber auf "reichsdeutsche" Manier mit Filter gekocht oder mit
der Karlsbader Kanne und mit Sahne und Zucker getrunken. Dazu gab es die köstlichsten Gebäcke - auch
diese von der Wiener Küche beeinflusst.
Als bäuerliches Volk bevorzugten die Siebenbürger aber durchaus Hefeteig. Die Anna-Rollen und der
Nussstrudel meiner Grossmutter und
der Baumstriezel meiner Rosie-Tante waren sensationell und wurden aus
Hefeteig gebacken. Gerade der Baumstriezel lässt die alten Wurzeln ahnen: Hefeteig wurde dünn um einen
Baum gewickelt und der vor dem
offenen Holzkohlenfeuer geröstet. Dabei wird er erst mit Butter und am Ende mit Zucker bestrichen, der
ganz leicht karamellisiert. Mit einer Schere werden die dünnen Striezel dann in Stücke geschnitten.
Tante Herta, die dann später in Herten Langenbochum (!) wohnte, bekam von ihrem Mann einen Apparat
gebaut, der das mit Grillschlangen schaffte.
Besonders fein war Harlekinkuchen, Dobostorte, Szekler Kuchen...
Die Tischdekoration war geprägt von der Handarbeit, die in Siebenbürgen hoch im Kurs stand. Die
traditionellen Kreuzsticharbeiten fanden sich auf Kissen, Läufern und Tischdecken.
Jede Familie hatte noch alte, handbemalte irdene Krüge, die an die bäuerliche Tradition erinnerte.
Doch auf den Tisch kam beim Kränzchen natürlich Rosenthal, Hutschenreuther o.ä. - Porzellan war
Prestigesache.
Expertin im Studio: Dagmar von Cramm, Ernährungswissenschaftlerin
Freiburg http://www.swr.de/kaffee-oder-tee/essen/kaffee/2004/04/07/index.html