Das Etikett ist die "Visitenkarte des Weins" heisst es in einem populären Vergleich. Aber wie jeder andere
hinkt auch der. Auf Visitenkarten nämlich steht überall auf der Welt so ziemlich das gleiche drauf - Name,
Funktion, Anschrift - Etiketten aber sind in
jedem Land anders.
Deutschland: Was meistens draufsteht: Jahrgang, Lage, Rebsorte,
Qualitätskategorie, Alkoholgehalt und Erzeuger. Was man wissen sollte: die Jahrgänge sind sehr
unterschiedlich, sind also
zumindestens bei Weinen die eingelagert werden sollen wichtig. Die Lagenangabe ist für den Laien wenig
verlässlich. Es gibt Tausende von Lagen, aber nur einige Dutzend zeichnen sich durch hohe Qualität aus.
Da helfen nur Fachbücher weiter. Die Alkoholangabe sagt in Deutschland relativ wenig. Sie hängt bei
einfachen Qualitätsweinen von der zugesetzten Mengen Zucker ab und schwankt generell je nach
Restsüsse der Weine. Bei trockenen Weinen ab Kabinett aufwärts lässt sie aber Schlüsse auf den
ursprünglichen Zuckergehalt des Mostes zu: je reifer die Trauben, desto mehr Alkohol.
Geschmacksangaben sind in Deutschland "trocken" oder "halbtrocken", wo nichts draufsteht ist süss drin!
Frankreich: Ziemlich uneinheitlich. Im Bordeaux-Gebiet stehen in der
Regel nur der Erzeuger (Chateau) und Jahrgang drauf. Und - wenn
vorhanden - eine Qualitätseinstufung nach der offiziellen
Klassifizierung ("Grand Cru, Premier- 2e,...5e Cru, Cru Bourgeois,
sehr unterschiedlich je nach Teilgebiet.) "Chateau" alleine ist keine Gewähr für trinkbaren Wein. Achtung
bei berühmten Namen: Chateau
Latour ist nicht umsonst sehr viel teurer als Chateau La Tour. Einen Unterschied macht es auch, ob "mise
en bouteille au Chateau" draufsteht - im Weingut abgefüllt, oder "mise en bouteille du
Chateau" - da ist loser Wein irgendwo sonst auf die Flasche gekommen.
Wissen muss man: als Rebsorten spielen Cabernet Sauvignon (fast
überall) und Merlot (St. Emilion) die Hauptrollen. Dazu Cabernet Franc und ein wenig Malbec. Bei den
Weissen: Sauvignon blanc und
Semillion. Geschmacksangaben: Wo nichts draufsteht ist "trocken"
drin! Das gilt im Grunde auch für den ganzen Rest der Weinwelt. In Burgund ist neben Jahrgang und
Erzeuger eine regionale Herkunft angegeben. Dahinter verbirgt sich eine Qualitätspyramide.
"Bourgogne" ist die einfachste Stufe, dann kommen die Untergebiete "Cotes de...", dann die Dorfnamen
und schliesslich die einzelnen, hoch eingestuften Weinberge. Rebsorten stehen nicht drauf, aber rote
Burgunder sind fast ausnahmslos aus Pinot Noir (Spätburgunder), weisse aus Chardonnay (nur Bourgogne
Aligot# ist auch der weniger wertvollen Aligot#-Rebe). Rebsortenweine kommen auch in Frankreich
immer mehr in Mode. Vor allem im Süden. Dann stehen nur Rebsorte, grobe Region und Kellerei drauf.
Spanien: Spanische Weine tragen meist einen Phantasienamen
(Markennamen), auf dem Etikett ist ausserdem die Herkunft (Weinbauregion) und der Hersteller
angegeben. Die Rebsorte praktisch nie. Das Qualitätssystem unterscheidet Tafel- und Landweine von
Qualitätsweinen (Denominacion de origen). Dazu gibt es Reservas und Gran Reservas, bei denen längere
Lagerzeiten vorgeschrieben sind.
Italien: Ganz ähnlich den spanischen. Die höheren Qualitäten
firmieren dort als Riserva und Riserva speciale. Allerings gibt es oft Verwirrung, weil gerade hochpreisige,
hervorragende Weine nach dem Etikett nur als Landweine (IGT) ausgewiesen sind. Die Winzer haben dann
mehr Freiheiten zum Beispiel bei der Sortenwahl.
Übersee: Die neuen Weinbauländer von Chile über Südafrika bis
Neuseeland stellen auf dem Etikett in der Regel die Sorte in den Vordergrund (evtl. gemeinsam mit einem
Markennamen). Ausserdem spielt der Hersteller eine Rolle, Jahrgang und Alkoholangabe.