Die Rebe ist eine ziemlich empfindliche Pflanze. Sie stellt hohe Ansprüche an das Klima. Deshalb ist es
kein Wunder, dass sie längst nicht überall auf der Erde wächst. Die Weinanbaugebiete liegen fast
ausschliesslich zwischen dem 30. und dem 50. Breitengrad Nord sowie dem 30. und 40. Breitengrad Süd.
Ausserhalb dieser Zonen ist es der Rebe entweder zu kalt, oder es fehlt die nötige Winterruhe. Einen
neuen Jahrgang gibt es nämlich nur, wenn die Blätter gefallen sind.
(In tropischen Zonen kann die Rebe zwar wachsen, aber sie findet diese Ruhe nicht. Nun gibt es zwar auch
einige Weinberge in den Tropen, z.B. in Equador, aber dort muss man schon zu Spritzmitteln greifen, um
die Reben künstlich zu entlauben. Dann startet die Vegetation neu. Ein ziemlich brachiales Verfahren!)
Innerhalb der genannten Zonen sind verschiedene Traubensorten an die jeweiligen Standortverhältnisse
optimal angepasst. Nicht jede Rebsorte also wächst überall.
Das Klima, das die Rebe braucht: Das ist garnicht so einfach zu
beschreiben, denn ein optimales Klima gibt es garnicht. Klar: ein
Mindestmass an Wärme und Sonne ist notwendig. Die genannten Breitengrade entsprechen in etwa jenen
Zonen , in denen die mittlere Jahrestemperatur zwischen 10 und 20 Grad liegt. In der Regel werden hier
auch die optimalen Reifetemperaturen von im Durchschnitt zwischen 15 und 21 Grad Celsius im letzen
Reifemonat erreicht. Die Niederschläge spielen im Vergleich zur Wärme eine untergeordnete Rolle, die
Rebe wurzelt sehr tief, sie kann Trockenzeiten recht gut überstehen und wo die Natur nicht genügend
Feuchtigkeit liefert, da kann der Mensch in diesem Punkt relativ einfach Abhilfe schaffen:
Bewässerung ist in vielen Anbaugebieten der neuen Welt üblich.
Spezielles Klima, spezielle Qualitäten: Nur wo es frühen Frost
gibt, kann man Eiswein produzieren. Deutschland, Österreich und Teile der USA und Kanadas sind dafür
geeignet. Andere edelsüsse Spezialitäten sind das Ergebnis der Arbeit spezieller Pilze, der Botrytis. Sie
brauchen aber eine gewisse Feuchtigkeit, um die reifen Beeren zu befallen.
Weinbau und Klimawandel: Im Hochmittelalter wuchs Wein bis
Königsberg in Ostpreussen, in England bluehten Rebenmeere. Damals war es im Schnitt deutlich wärmer
als heute. Die Nordgrenze des Weinbaus schwankt mit dem Klima. Die Meinungen gehen auseinander, ob
wir derzeit vor einer - diesmal menschengemachten - Klimärwärmung
stehen. Klimawissenschaftler gehen davon aus, dass sich die Durchschnittstemperatur auf der Erde im
laufenden Jahrhundert um 3-6
Grad erhöhen wird. Das würde alles in den Schatten stellen, was die Natur je an Veränderung in so kurzer
Zeit geschafft hat. Allerdings trifft der Wandel die Erdregionen sehr unterschiedlich. Mitteleuropa etwa ist
davon viel weniger betroffen als Mittelafrika. Dennoch stellen die Wein-Wissenschaftler fest, dass die 90er
Jahren extrem
gute Weinjahre waren, weil extrem warm. Vor allem im Frühjahr macht sich das bemerkbar. Die Folge: die
Reben treiben früher aus, sie
bluehen früher und die Vegetationszeit wird länger. Das sind entscheidende Faktoren für die Qualität eines
Weinjahrganges.
Dieser Umstand hat vielen Winzern Mut gemacht, auch in Deutschland Reben anszupflanzen, die bislang
nur in Frankreich, Italien oder Spanien heimisch waren. Chardonnay ist fast schon zu einer "deutschen"
Sorte geworden, aber auch Sauvignon blanc, Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Nebbiolo und selbst
Tempranillo werden jetzt . mit einigem Erfolg - angebaut.
Schäden durch den Klimawandel: Die Winzer haben ein erstaunliches
Phänomen festgestellt. In den warmen 90ern scheinen die Reben unter der günstigen Witterung gleich
schon wieder gelitten zu haben.
"Sonnenbrand" nennen sie ein Phänomen, das zu Verfärbungen an den Trauben führt und auch zu
Ertragsausfällen. Ausserdem treten neue Krankheiten auf, die noch garkeinen richtigen Namen haben.
Noch unreife Beeren schrumpeln, trocknen ein und färben sich blau. Vor allem frühreife Sorten scheinen
betroffen.
Wissen ist Macht: Seit die Winzer sehr viel besser wissen, wie sich
unterschiedliche - auch kleinräumige - Klimata auf die Weinqualität
auswirken, hat sich die Weinqualität deutlich verbessert. In relativ warmen Zonen etwa, gibt es die
Möglichkeit, fruchtigere Weine in grösserer Höhe (wo es kühler ist) zu erzeugen.