Jakobsmuscheln und geschmorter Spitzkohl: Der Drei-Sterne-Koch
Christian Bau verbindet im Gourmetrestaurant Schloss Berg Edles mit Alltäglichem.
"Au coeur des saveurs" war das Menü überschrieben, das Christian Bau zum zehnjährigen Jubiläum
seines Gourmetrestaurants servierte, was frei übersetzt so viel wie "Im Herzen des Geschmacks"
bedeutet.
Deutlicher kann man kaum auf den Punkt bringen, wo der mit seinen 37 Jahren immer noch relativ junge
Drei-Sterne-Koch inzwischen
angekommen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei den jeweiligen Zutaten um Luxusprodukte wie
Hummer, Steinbutt und Jakobsmuscheln handelt oder um ganz normales Gemüse wie Spitzkohl, Zwiebeln
und Rote Bete. Auch die sind natürlich ebenfalls von höchster Frische und erstklassiger Qualität.
Das geschmackliche Herz des Blumenkohls beispielsweise offenbart sich bei Bau in drei verschiedenen
Arten der Zubereitung: als sanfte
Mousse, als gebratene Röschen und als fein gehackter Couscous, wobei die unterschiedlichen Texturen -
geschmeidig, knackig und
körnig - jedes Mal eine andere Nuance des Blumenkohls hervorheben.
Zusammen mit der Variation vom Milchkalb als Kotelette, Bries und gebackener Fuss, dazu eine grandios
subtile Schmorsauce von der Brust, war das der Hauptgang eines kulinarischen Feuerwerks in prächtigen
Farben auf bildschön angerichteten Tellern. Die Dramaturgie des Menüs bestand ausschliesslich aus
einzelnen Höhepunkten.
_International inspiriert_ Das klassisch französische Handwerk der Haute Cuisine, die absolute Präzision
der Zubereitung und das bis in die feinsten Aromen sichere Abschmecken hat der Meisterkoch aus seinen
fünf Jahren als Sous-Chef bei Harald Wohlfahrt in Baiersbronn mitgenommen. Aber
während der zehn Jahre in seinem eigenen Restaurant hat Bau auf dieser Basis mit demselben hohen
Anspruch einen ganz eigenen, international modernen Stil entwickelt. Der funktioniert beim japanisch
inspirierten, wunderbar dicken Stück vom Thunfischbauch zum lauwarmen Hummertatar mit kleinen
Gelee-Würfeln von der
Yuzu-Zitrone, Miso, Enoki-Pilzen und Sorbet vom grünen Apfel, das
mit Reiswein und Wasabi aromatisiert ist, ebenso gut wie bei einer in ihre Bestandteile zerlegten Paella
zur gebratenen Rotbarbe.
Röllchen vom Jabugoschinken repräsentieren dabei das Schwein, ein Stückchen knusprig frittierter Haut
das Huhn, Venus- und
Kammmuscheln mit Sepia in einem Krustentiersaucenfond die Meeresfrüchte, dazu natürlich Sauce Aioli
und Safranreis.
Neue Entwicklungen der Kochtechnik wie Molekular-Technologie
beobachtet Christian Bau eher skeptisch und setzt sie nur sehr spärlich ein und wenn es für ihn Sinn
macht, wie das sanfte Vakuum-Garen. Seine Gäste werden das nicht vermissen, solange sein
klassisch gegarter, leicht glasiger bretonischer Hummer neben Dörraprikosen, kleinen Pfifferlingen und
knuspriger Verveine-Tempura liegt oder Spitzkohl als Blatt, Creme und leicht
geschmort perfekt mit geröstetem Steinbutt im klaren Krustentieraufguss harmoniert. Selbst scheinbar
widersprüchliche Kombinationen wie den hochfeinen, ausgelösten Rochenflügel mit Türmchen von
Blutwurst und Couscous zu gebratenem Oktopus gehen bei Bau eine ausbalancierte Verbindung ein, weil
Pulpofond, Tupfer von Bouillabaisse-Sud und Petersilienpesto die Brücke zwischen den
Kontrasten schlagen.
Die begleitenden Weine der jungen Chefsommelière Britta Jäger, die auf der Suche nach eher
unbekannten, aber erstklassigen Winzern offensichtlich nicht nur in Deutschland und Europa, sondern
auch in Übersee fündig wird, fügen sich perfekt ein wie zum Beispiel der ohne Holzfass ausgebaute
Chardonnay vom kalifornischen Weingut Mer Soleil oder der edelsüsse Montlouis sur Loire. Insgesamt
sorgt das immer gut gelaunte, ziemlich junge Service-Team unter der Leitung
von Yildiz Bau mit freundlich-lockerem und gleichzeitig
professionellem Auftritt dafür, dass man sich in dem gediegenen Schlossambiente sehr gastfreundlich
aufgehoben fühlt. Die Desserts, besonders die unwiderstehlichen Variationen von Kakao, Schokolade und
exotischen Früchten gehören zum Allerbesten, was die deutsche Spitzen-Patisserie zu bieten hat. Und
das Ganze spielt sich gar
nicht so weit von Köln entfernt ab. Nur 150 Autominuten sind es bis zu einem der ganz grossen Köche
Deutschlands.
_Restaurant_ Victor's Gourmetrestaurant Schloss Berg Schlosshof 7 66706 Perl-Nennig/Mosel
[TEL] 0 68 66/7 91 18 Geöffnet: Mi-So ab 19 Uhr, Sa und So auch 12-14 Uhr.
Vorspeisen ab 40 Euro, Hauptgerichte ab 50 Euro, Desserts ab 22 Euro, Menü 169 Euro _Buch_ Das
zweite Kochbuch des Drei-Sterne-Kochs ist ebenso aufwendig
gestaltet wie seine Gerichte. Neben den sehr übersichtlich ausgeführten Rezepten gibt es schöne,
realistisch umgesetzte Fotos, auf denen das Essen tatsächlich fast genauso aussieht wie auf den Tellern
im Restaurant. Danach gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder so bald wie möglich bei
Christian Bau
essen zu gehen, um nicht nur den schönen Anblick zu geniessen,oder es vielleicht sogar in der eigenen
Küche einmal selbst zu versuchen. Es müssen ja nicht unbedingt die Rezepte mit den Luxusprodukten wie
Hummer und Kaviar sein. Gerade bei Gerichten mit Zutaten wie Lammfleisch, Couscous und
Gewürzjoghurt (siehe Rezept links), Geflügel oder Gemüse können sich ambitionierte Hobbyköche viele,
durchaus im Alltag umsetzbare Anregungen holen, um das eigene Kochen auf ein deutlich höheres Niveau
zu heben.
Darüber hinaus ist das Buch, wie heutzutage fast alle Rezeptsammlungen von Spitzenköchen, eine
persönliche Hommage an Bau selbst. Wie der Titel verspricht, gibt es neben seinem ausführlichen
Werdegang tatsächlich eine Menge persönlicher Einblicke in den Alltag des Restaurants und aller
Beteiligten, ohne die ein Spitzenrestaurant gar nicht den höchsten Ansprüchen der Gäste gerecht werden
könnte.
Christian Bau: Einblicke. Neuer Umschau Buchverlag, 58 Euro
Rezept:
Rücken und Sugo vom Müritzlamm, Aromaten-Gewürzjoghurt und
Safran-Couscous