Sie heissen "Pink Lady" oder "Wellant" - neu gezüchtete,
schmackhafte Apfelsorten von hoher Qualität. So werben zumindest die Hersteller dieser sogenannten
Clubsorten. Sie werden nicht als Massenware produziert, sondern unterliegen einem streng durchdachten
Marketingkonzept - und haben daher auch höhere Preise. Obstbauern,
die diese neuen Sorten verkaufen, müssen sich an die strengen Vorgaben der Patentinhaber halten. Ein
niederländischer Züchter hat beispielsweise den Wellant-Apfel entwickelt und diktiert nun die
Höhe der Lizenzgebühren, die maximale Anbaumenge und den Verkaufspreis. Die Anbauer werden
überwacht und tragen das gesamte Risiko. Für die hiesigen Obstbauern ist die Situation also nicht einfach.
Lohnt sich der Anbau dennoch? Und: Können sich die Kunden
auch in Zukunft auf neue, leckere Apfelsorten freuen? _Apfel ist nicht gleich Apfel ..._ ... das wissen nicht
nur die Verbraucher. Egal zu welcher Jahreszeit, egal ob an der Obsttheke im Supermarkt oder beim
Direktverkauf auf dem Bauernhof - die Kunden verlangen eine grosse
Auswahl an unterschiedlichen Sorten und Geschmacksrichtungen. Bei der Züchtung neuer Apfelsorten
überlassen Obsthandelsbetriebe daher heute nichts mehr dem Zufall: In jahrelanger Forschung und mit
Hilfe von Kundenbefragungen werden zunehmend exklusive Clubsorten entwickelt und vermarktet.
_Süsssauer und rotgelb: Der Wellant_
In fast 20 Jahren andauernder Arbeit hat die Firma InovaFruit im niederländischen Wageningen in
Zusammenarbeit mit der dortigen Universität die Apfelsorte "Wellant" aus verschiedenen anderen Sorten
gekreuzt. Parallel dazu wurden immer wieder Apfelkonsumenten in Belgien, den Niederlanden und in
Deutschland zu ihren Vorzügen befragt. "Dabei haben wir grosse Ähnlichkeiten zwischen den deutschen
und holländischen Verbrauchern festgestellt", berichtet Karl van der Linden, Geschäftsführer des
Unternehmens. Bei den Studien wurden gezielt nur anspruchvolle Vielesser befragt, denn für
Grosshandelsketten mit ihren Billigäpfeln ist die Luxussorte Wellant nicht vorgesehen. Diese ausgesuchte
Kundengruppe bevorzugt süsssaure und rotgelbe Äpfel. 2007 wurde der Wellant nun erstmals erfolgreich
als Nischenprodukt einigen deutschen Direktvermarktungsbetrieben versuchsweise angeboten.
_Lizenzvertrag regelt Anbaufläche und Preis_ Georg Bökels vom Fliestedener Obsthof in Bergheim hat
1.000 Wellant-Apfelbäume angepflanzt. Im ersten Jahr lieferte jeder nur
rund 3 Kilo Äpfel - maximal 7 Kilo wären in Zukunft möglich.
Bereits vor Weihnachten 2007 war daher seine erste Wellant-Ernte
verkauft. Die Nachfrage war grösser als das Angebot. Besonders beliebt bei den Kunden ist das süsssaure
Aroma des Apfels und die Festigkeit des Fruchtfleisches. Für 1,75 Euro das Kilogramm ging der Wellant
über die Ladentheke. Das wird in diesem Jahr nach der Ernte anders sein. 2 bis 2,10 Euro wird
Obstanbauer Bökels ab September wohl seinen Kunden pro Kilo berechnen müssen.
Abgesehen von den gestiegenen Energiekosten ist auch die Lizenz für einen Wellant-Baum kostspielig.
InovaFruit berechnet für diese
Lizenz und eine Werbepauschale für die Vermarktung gut 1 Euro zusätzlich. Und die Baumschule, von der
der Obstbauer die neuen Pflanzen bekommt, verlangt zudem pro Baum 6 Euro. Nach einem Jahr trägt
dieser die ersten Früchte.
Patentinhaber InovaFruit erlaubt jedem Obstbauer nur einen Anbau von maximal 3.000 Wellant-Bäumen. So
wird das Angebot begrenzt, denn
als exklusives Nischenprodukt soll der Wellant nicht zu günstig angeboten werden. Der Apfelanbauer hat
dabei so gut wie keinen eigenen Gestaltungsspielraum mehr.
_Was verkauft wird, bestimmt der Lizenzgeber_ Trotz der hohen Investitionskosten ist Obstanbauer
Bökels froh, seinen Kunden die Clubsorte Wellant anbieten zu können. Er beklagt jedoch, dass er andere
exklusive Sorten wie die Inova-Sorte Rubens -
eine Kreuzung aus Gala und Elstar - nicht anbauen darf. Den Grund
kennt Peter Stremer von der Landwirtschaftskammer: "Kleine Anbieter
mit Eigenverkauf können nun einmal nicht so gut kontrolliert werden. Und da der Konzern eine künstliche
Mengenverknappung will, ist das kompliziert." Deshalb haben es grössere Anbaugemeinschaften wie das
norddeutsche Alte Land mit einem einzigen Ansprechpartner leichter, neben Wellant auch andere
Clubsorten anzubieten.
_Links_
* http://www.wdr5.de/service/service_umwelt/957073.phtml
Gewählt: Der WDR 5-Apfel des Jahres 2007
(WDR 5 Service Umwelt & Garten vom 7. September 2007)
*
http://www.landwirtschaftskammer.com/gartenbau/beratung/obstbau/inde
x.htm Landwirtschaftskammer NRW Beratungsangebot rund um den Obstanbau
* http://www.bundessortenamt.de
Bundessortenamt (BSA) Die selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist für die Zulassung und den
Sortenschutz von Pflanzensorten und die damit zusammenhängenden Angelegenheiten zuständig.
*
http://www.agrarinfo.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/c1da9c4bdd908
9a7c1 256fdc004e989d/f9e48f98352636e7c1256f56004111bb?OpenDocument Vortrag anlässlich des 22.
Bundeskernobstseminars in Oppenheim (2002) "Clubsorten aus Sicht des Bundessortenamtes"
*
http://www.zmp.de/agrarmarkt/gartenbau/2007_11_14_Clubsorten_Forum.a
sp Mitteilung der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für
Erzeugnisse der Land-, Forst- und
Ernährungswirtschaft (ZMP) vom November 2007 "Wachsende Apfelvielfalt durch Clubsorten"
http://www.wdr.de/tv/servicezeit/essen_trinken/sendungsbeiträge/200
8/0509/01_äpfel.jsp
:Letzte Äend. am: 29.06.2008