T.C. Boyle: 'Ich habe den Appetit einer dreiköpfigen Dogge'
Obwohl dünn wie eine Spargel (1,91 Meter gross, 71 Kilo schwer), hat sich der amerikanische Schriftsteller
T.C. Boyle in seinem literarischen Schaffen wiederholt mit gastronomischen Fragen beschäftigt. So lässt er
in seinem Erstling 'Wassermusik' einer maurischen Hochzeitsgesellschaft ein 'gebackenes Kamel (mit
Füllung)' auftischen # das Rezept liefert Boyle gleich mit: 'Man
grabe ein Feuerloch. Flammenmeer auf eine ca. 1m tiefe Lage glühender Kohlen hinunterbrennen lassen#
die fein gewürzten Kraniche mit den gefüllten Karpfen füllen. Schafe mit den gefüllten Kranichen füllen,
sodann Kamel mit den gefüllten Schafen füllen. Das Kamel kurz ansengen, dann mit Doumpalmenblättern
umwickeln und in der Glut vergraben. Zwei Tage lang backen. Als Beilage Reis servieren.' Weniger
reichhaltig war Boyles eigener Menüplan während seiner Jugend, die er in der Nähe von New York
verbrachte. Der Sohn irischer Einwanderer wuchs in prekären Verhältnissen auf # seine Eltern waren beide
Alkoholiker, während er sich als Herumtreiber, Schulversager und Gelegenheitsfixer einen schlechten Ruf
einhandelte.
Nachdem Boyle mit Ach und Krach den High-School-Abschluss geschafft
hatte, entdeckte er am College sein Talent fürs Schreiben. 1972 wurde er am renommierten Iowa Writers#
Workshop aufgenommen, wo John Irving zu seinen Förderern zählte.
Mittlerweile lebt der 53-Jährige mit seiner Familie im kalifornischen
Nobelort Montecito und gilt als einer der grossen amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Nebst
sieben Romanen schrieb er zahllose Kurzgeschichten # beklemmende Geschichten bisweilen, die unter
die Haut gehen beziehungsweise auf den Magen schlagen können: Einst
verpasste eine Zuhörerin dem verdutzten Boyle bei einer Lesung einen Schlag in die Magengrube. Die Frau
hatte sich über einen Text erbost, den er vorgetragen hatte. Die Erzählung heisst 'Nicht zimperlich' und ist
in der eben bei Hanser erschienenen Kurzgeschichtensammlung 'Schluss mit Cool' nachzulesen.