Burkard Schoof: Nachdem Chris kürzlich hier ein Rezept aus dem
"Kuckucksei" gepostet hatte, fiel mir ein, dass in P.P.Zahl's "Die Glücklichen" doch auch ein Rezept
eingearbeitet ist. Eingearbeitet ist wirklich der richtige Ausdruck, auf ein paar Sätze, die sich um's Rezept
drehen, folgen wieder ganz andere Abschnitte über die SAVAK oder Ähnliches ... Ich hoffe, ich habe das
Herauslösen des Rezeptes dennoch halbwegs hinbekommen ... Ist zwar nicht ganz jahreszeitgemäss,
aber bis zum Herbst würde ich nicht mehr dran denken ;-)
B a d i s c h e r Z w e t s c h g e n k u c h e n Sie waschen und entkernen über vier Pfund bester, fester,
reifer Zwetschgen, wobei Jörg Martha den Trick beibringt, die Früchte an den Spitzen leicht
einzuschneiden. So lassen sie sich gut aufklap-
pen, sagt er, und ziehen sich beim Backen nicht zusammen.
Fünfhundert Gramm Mehl siebt Jörg in eine Schüssel, drückt eine Vertiefung in die Mitte und bröckelt ein
Päckchen Hefe hinein.
Jörg streut ein wenig Zucker über Mehl und Hefe und verteilt etwa hundert Gramm davon am Schüsselrand.
Vorsichtig verrührt er die Hefe mit lauwarmer Milch. Dann bedeckt er die Schüssel mit einem sauberen
Geschirrspültuch, stellt den Vorteig in die Nähe der Heizung und lässt ihn dort aufgehen.
Jörg geht zum Tisch in der Nähe der Heizung und schaut nach, ob der Vorteig genügend gegangen ist.
Wenn er sich verdoppelt hat, sagt er erläuternd zu Martha, die fasziniert all seinen Handreichungen und
Bewegungen zuschaut, verteilt etwa einhundert Gramm Butter auf dem Rande des Vorteigs, fügt die
abgeriebene Schale einer Zitrone und eine Prise Salz hinzu, verquirlt den Rest des Achtelliters Milch mit
drei Eiern, rührt die Zutaten von der Teigmitte nach aussen und giesst langsam die Eiermilch hinzu.
Jörg knetet den Teig mit dem Quirl so lange, bis er geschmeidig ist, glänzt und, schau her, schlaf nicht ein,
solange bis sich der Teig als zusammenhängendes Ganzes, als Entität, als Kloss von der Schüssel lösen
lässt.
Jörg formt den Teig mit den Händen zu einer glatten Kugel, stäubt etwas Mehl darüber und lässt sie
wiederum in einer Schüssel in der Nähe der Heizung eine halbe Stunde lang aufgehen.
Er nimmt den Teig aus der Schüssel, bemehlt sich die Hände und knetet ihn gut durch.
Jörg rollt den Teig auf einem gefetteten Blech dünn aus und drückt die Ränder an. In dichten Reihen legt er
die entsteinten Zwetschgen mit den Innenseiten nach oben auf. Siehst Du, sagt er, darum habe ich den
Ofen vorher angestellt. Auf zweihundertzwanzig Grad vorgeheizt.
So, nun nur noch dreissig Minuten bei zweihundertzwanzig Grad, und dann.
Ich schlage derweilen die Sahne.
Zwetschgenkuchen wie in Baden, mit Sahne natürlich. Oder soll ich, fragt er tückisch, noch Zitronenguss
selber machen? Und Kirschgeist dazu servieren? Jörg streut ein Gemisch aus Zucker und Zimmet über
den noch heissen, langsam abkühlenden Kuchen, teilt ihn mit einem grossen Messer auf, sagt still: Nur
noch ein wenig warten. So sitzen sie. Starren auf das
Blech mit Badischem Zwetschgenkuchen. Oh, sagen sie nur. Und für diejenigen, die jetzt Lust auf das
Buch bekommen haben:
Peter-Paul Zahl, Die Glücklichen, Schelmenroman, Berlin, Rotbuch
Verlag 1979 Das Rezept verteilt sich auf die Seiten 56 - 61 (3. Kapitel).