Beim Weisswurst-Essen können Sie den Bayern und den Fremden gut
voneinander unterscheiden. Wer im Wirtshaus nachmittags um drei 'zwei Paar Weisswürste' bestellt und
dazu noch einen Kartoffelsalat als Beilage - der kommt von irgendwo, aus Bayern bestimmt nicht.
Das gilt auch für denjenigen, der eine Weisswurst in Scheiben geschnitten aufs Brot legt und mit scharfem
Senf garniert: Der
tolerante Bayer grinst sich eins, wenn er den Fremden dabei beobachtet. Der Urbayer grantelt eher, wenn
einer die kostbare Münchner Weisswurst derart verschandelt. Denn die Weisswurst und ihr Genuss
unterliegen ehernen Gesetzen:
Erstens darf sie das 'Zwölf-Uhr-Läuten' nicht erleben'. Früher,
als man Lebensmittel noch nicht ausreichend kühlen konnte, musste das so sein: Die Würste aus
frischem Schweine-, Rind- und
Kalbfleisch, Speck, Petersilie und feinen Gewürzen werden bei 70 Grad etwa 20 Minuten 'gebrüht'. Solche
Brühwürste waren früher leicht verderbliche Köstlichkeiten: Die Metzger stellten sie morgens
her, und die Bayern hatten sie bis Mittag aufgegessen. Die meisten Bayern halten das heute noch so -
einfach, weil die Würste frisch
aus dem Kessel am besten schmecken. Freilich gibt es seit Jahren selbst in Byärn die Sitte, als
Abschluss einer Party um Mitternacht Weisswürste zu servieren. Doch vermutlich war der erste Gastgeber,
der auf diese Idee kam, kein Bayer.
Zweite Regel: Weisswürste dürfen Sie nicht paar-, sondern immer nur
stückweise bestellen. Damit zollen Sie ihnen die stille Verehrung, die ihnen als kostbarstes Juwel
byärischer Wurstkunst gebührt.
Ausserdem sind die flaumigen Dinger - man sieht es ihnen nicht an ! -
eine recht derftige Sache, die man nicht so runterputzen kann wie vier Paar 'Wiener'.
Die dritte der Regeln betrifft das fachgerechte Verzehren der bayerischen Spezialität: sie werden entweder
'ausgezuzelt', also vom
Ende her ausgesaugt, wobei man sie hin und wieder in Senf taucht. Das sieht nicht besonders hübsch
aus, ist aber urbayerisch. Gottlob gibt es noch eine feine und trotzdem bayerische Art: Die Wurst in der
Mitte quer halbieren. Jede Hälfte der Länge nach bis auf die Haut aufschneiden. Und jedes dieses
Viertelchen nun mit Hilfe des Messers aus der Hautstreifen, in Senf tauchen und mit der Gabel essen.
Bei der vierten und letzten Regel geht es um die richtigen Begleiter:
Zu Weisswürsten schmeckt nur der süsse, grobkörnige Weisswurstsenf. Der selbstgerührte Senf (siehe
Rezept), ein altes bayerisches Rezept, ist besonders würzig, süss und scharf zugleich.
Er passt wunderbar zur milden Wurst.